Kleine Gräserkunde
Eine wichtige Rolle bei der Bewirtschaftung grundwasserbeeinflusster Grünlandstandorte spielt die Etablierung und der Erhalt produktiver und qualitativ hochwertiger Pflanzenbestände. Vor allem die Ernährung von Milchkühen fordert energiereiches Futter. Das bevorzugte Saatgras ist das Deutsche Weidelgras. Es bevorzugt dauerhaft Wasserstände zwischen 45 und 70 cm unter Flur und wird daher auf zahlreichen Flächen verdrängt. Da es - je nach Sorte - sowohl rasenbildend als auch hochwüchsig ist, ist es im Bestand schwer zu ersetzen. Ein ausgewogenes Verhältnis zwischen rasenbildenden Untergräsern (A) und horstbildenden Obergräsern (a) ist auf hydromorphen Standorten besonders wichtig. Die Rasenbildner sorgen für einen dichten Bestand und gewährleisten eine Befahrbarkeit auch bei höheren Wasserständen. Sie beugen Trittschäden durch Weidetiere vor und unterdrücken zum Teil die Ausbreitung von Problempflanzen.
Tab.: Die wichtigsten Grasarten grundwasserbeeinflusster Standorte
Deutsche Bezeichnung (Botanischer Name) |
Ausläufer A=ja/ a=nein |
Futter-wertzahl (nach Klapp et al. 1953) |
Wasserstufen (nach Koepke et al. 1985) |
Anmerkungen |
|
Knaulgras (Dactylus glomerata) |
a |
7 |
2+ |
3- |
ertragreich, verträgt keine andauernde früher Nutzung |
Deutsches Weidelgras (Lolium perenne) |
A |
8 |
2+ |
3- |
intenisv nutzbar, weidevertäglich |
Glatthafer (Arrhenaterum elatius) |
a |
7 |
2+ |
3- |
wird durch Düngung verdrängt |
Kriechende Quecke (Elymus repens) |
a/A |
4 |
4+ |
5- |
konkurrenzstarkes “Unkraut” |
Wiesenschwingel (Festuca pratensis) |
a |
8 |
4+ |
3- |
intensiv nutzbar, weideverträglich, konkurrenzschwach |
Wiesenlieschgras (Phleum pratense) |
a |
8 |
4+ |
2- |
geeignet für Mähwiesen und -weiden |
Wiesenrispe (Poa pratensis) |
A |
8 |
4+ |
4- |
bildet dichte Grasnarbe, intensiv nutzbar, langsame Anfangsentwicklung |
Rotschwingel (Festuca rubra) |
A |
5 |
4+ |
4- |
weideverträglich, wird durch Düngung verdrängt |
Wiesenfuchsschwanz (Alopecurus pratensis) |
a |
7 |
4+ |
3- |
konkurrenzstark, intensiv nutzbar, gelegentlich beweidbar |
Rohrschwingel (Festuca arundinacea) |
a |
4 |
4+ |
2- |
verkieselte Blätter, ausdauernd, robust |
Flechtstraußgras (Agrostis stolonifera) |
A |
4 |
5+ |
3+ |
langsame Bestandesbildung, verträgt gelegentliche Überflutung |
Rohrglanzgras (Phalaris arundinacea) |
A |
5 |
5+ |
4+ |
nicht beweidbar, verträgt winterliche Überflutung, 2 bis 3 Schnitte pro Jahr |
Wasserschwaden (Glyceria maxima) |
A |
4 |
5+ |
4+ |
verträgt gelegentliche Überflutung, nicht weidefest |
Hochwüchsige Arten sind ertragreicher. Für eine intensive Nutzung mit Stickstoffdüngung kommen als Obergräser für feuchtere Standorte vor allem der Wiesenschwingel und der Wiesenfuchsschwanz in Frage. Die Wiesenrispe eignet sich dann als Untergras. Alle anderen Gräser sind aufgrund ihres geringeren Futterwerts für eine intensive Nutzung ungeeignet. Ihre Bedeutung wächst in extensiven Feuchtweiden, wo sie die Futtergrundlage für Mutterkühe bilden. Das Flechtstraußgras ist ein typischer Vertreter. Rohrglanzgras als Vertreter der Röhrichte ist Bestandsbildner auf Feuchtwiesen und nicht beweidbar. Je nach Nutzungstermin kann Rohrglanzgras als Welksilage verwertet werden. Eine natürliche Niedermoorvegetation (z. B. Gemeines Schilf, Seggen) kommt derzeit in der Landwirtschaft nur als Streu oder Pferdeheu zum Einsatz.
Literatur
Klapp, E., Boeker, P., König, F., Stählin, A. (1953): Wertzahlen der Grünlandpflanzen. In: Das Grünland 2, 38-40, Scharper Verlag, Hannover.
Koepke, V., Menning, P., Reinhold, A., Succow, M., Stüdemann, O., Vetterlein, E. (1985): Anleitung zur hydrologischen Standortaufnahme. VEB Ingenieurbüro für Meliorationen: Bad Freienwalde.