Sie sind hier: Startseite Projekte Teilprojekt 12 Anpassungsstrategien und Forschungsbedarf

Anpassungsstrategien und Forschungsbedarf

Da sich die Auswirkungen des Klimawandels je nach Entwicklung der Emissionen und anderer externer Einflüsse in unterschiedlicher Form und Intensität darstellen können, sind mögliche Anpassungsstrategien momentan hauptsächlich in einem aufmerksamen Tiermanagement zu sehen.

Bedingt durch die Wanderung von Krankheitserregern und/oder deren Überträgern in vorher nicht davon betroffene Gebiete ist der Parasiten- und Tierbeobachtung sowie, wenn angebracht, der Parasitenvorbeugung/-bekämpfung höchste Priorität beizumessen. Deshalb ist es wichtig, Überwachungsstrategien großflächig und möglichst feinmaschig zu etablieren. Je nach Parasitenart ist ein spezifisches Management (z.B. chemisch mittels Insektizid, biologisch mittels natürlichen Feinden oder mechanisch mittels Insektenfalle) angebracht, um den Befall der Tiere in Grenzen zu halten und somit die Möglichkeit der Krankheitseinschleppung durch Insekten zu minimieren. Erkrankungen sollten beim ersten Auftreten sicher identifiziert und die Information regional zugänglich gemacht werden, um eine großräumigere Ausbreitung (falls es sich z.B. um eine vektorenübertragende Infektion handeln sollte) möglichst frühzeitig zu unterbinden und Verluste somit gering zu halten. Dazu wäre z.B. eine Internetplattform geeignet, auf der sich Landwirte über aktuelle Bedrohungen in ihrer Region, z.B. das regionale Auftreten von bestimmten Infektionen oder Vektoren, informieren können, um zeitnah präventiv reagieren zu können, BEVOR ihr eigener Tierbestand davon betroffen ist.

Diese Art der Dokumentation könnte zudem über viele Jahre hinweg betrieben, auch Rückschlüsse auf bestimmte Entwicklungstendenzen im Zusammenhang mit der Klimaentwicklung zulassen.

Da die meisten Gesundheitsbeeinträchtigungen ein multifaktorielles Geschehen sind, bei denen der aktuelle Immunstatus des Tieres eine wichtige Rolle spielt, sollte in Bezug auf das allgemeine Tiermanagement das Augenmerk darauf gelegt werden, das Immunsystem des Tieres möglichst nicht mit vermeidbaren Belastungen zu schwächen.

Unterkühlung durch tagelang anhaltenden Regen bei niedrigen Temperaturen und/oder starkem Wind oder Überhitzung durch fehlende Schattenspender bei starker Hitze/Sonneneinstrahlung sind z.B. solche Risikofaktoren, die das Immunsystem schwächen können. Diesen kann durch das Angebot von entsprechenden Schutzeinrichtungen (Windschutz, Sonnenschutz, Regenschutz) und durch die gezielte Integration von Bäumen und Sträuchern in das Weideland begegnet werden.

Ein weiterer Problemschwerpunkt ist der Tränkebereich auf Weiden. Ein Verschwinden der Grasnarbe in diesem Bereich birgt neben dem Problem hoher N-Einträge (es ist „niemand“ mehr da, der das durch Exkremente eingetragene N nutzen könnte = vermehrte N-Auswaschung oder auch Lachgasemission) auch die Gefahr der Matschbildung. Diese dauerfeuchten Stellen bieten z.B. auch der Zwergschlammschnecke (Zwischenwirt des Großen Leberegels) einen angenehmen Lebensraum (was man vermeiden will!). Da der Tränkebereich stark von den Rindern frequentiert wird, bedingen verschlammte Tränkareale eine andauernde Verschmutzung und Feuchthaltung der Rinderklauen.

Deshalb wäre es sinnvoll, den Tränkebereich entweder so zu befestigen, dass Schlamm- und Pfützenbildung nicht möglich ist oder einen Wasserwagen so oft umzustellen, dass die Grasnarbe an den betroffenen Stellen nicht dauerhaft geschädigt wird.

Um die Grasnarbe zu schützen und die langfristige Leistungsfähigkeit der Weide zu erhalten ist eine witterungsangepasste Nutzung der Weiden sinnvoll, wenn ein Standort das hergibt. Grundwassernahe Standorte können z.B. in Trockenperioden noch ausreichend Aufwuchs bieten. Trockene Standorte können hingegen auch nach starken Niederschlagsereignissen noch beweidet werden, ohne dass langfristige Schäden an der Grasnarbe zurückbleiben. Ein kurzfristiger Umtrieb beutet einerseits aber auch mehr Managementaufwand und setzt eine entsprechend geringe Besatzstärke voraus, dass Flächen aufgrund aktueller Witterungsverhältnisse auch ungenutzt bleiben können. Neben den zu erwartenden positiven Effekten auf die Tiergesundheit, könnten dadurch an anderer Stelle die Kosten für Managementaufwand gesenkt werden (z.B. häufigeres Nachsähen, Grundwasserregulation, usw.). Ob solche Managementmaßnahmen in der Mutterkuhhaltung grundsätzlich wirtschaftlich möglich und auch langfristig lohnend sind, müsste in weiteren Forschungen betrachtet werden. Mutterkuhhaltung hat sicher, wie jedes andere Produktionsverfahren, einen verfahrensspezifischen Punkt, ab dem eine Anpassung an den Klimawandel wirtschaftlich nicht mehr tragbar ist, wenn die Produktpreise sich nicht dem gestiegenen Aufwand anpassen.

Ein weiterer Forschungsschwerpunkt in Bezug auf den Klimawandel liegt in der Biodiversität. In vielen Regionen der Erde, in denen landwirtschaftliche Nutztiere mit besonderen Herausforderungen der Umwelt umgehen müssen, haben sich Gebrauchskreuzungen als sehr nützlich herausgestellt, um z.B. gute Leistungsparameter mit spezifischer Anpassungsfähigkeit zu verbinden. Die kann in Anpassung an bestimmte Extremwetterbedingen, aber auch an hohe Infektionsdrücke durch Parasiten und/oder Krankheitserreger Vorteile bringen. Um jedoch solche Gebrauchskreuzungen als Reaktion auf ein spezifisches Problem gezielt einsetzten zu können, fehlen vielfach noch Kenntnisse über die Eigenschaften spezieller Genetik, die als Kreuzungspartner in Frage kommen könnten. So ist z.B. nicht bekannt, ob es Unterschiede in der Befallsmenge von bestimmten Rinderrassen mit Ektoparasiten gibt.

Da die Landwirtschaft auch selbst für einen großen Teil der Treibhausgasemission verantwortlich ist, kann mit fortschreitendem Klimawandel der Druck zur Reduzierung auch auf die Landwirtschaft wachsen. Deshalb sollte auch im Interesse der Landwirte mehr Forschung darin investiert werden, an welchen Stellen von Produktionsverfahren besonders viele Treibhausgase entstehen und wie diese reduziert werden können.

Eine Option in dieser Hinsicht könnte z.B. die verstärkte Förderung von regionalen Kreisläufen sein (Futtermittel und Absatzmärkte). Dies kann einerseits eine Einsparung von klimarelevanten Emissionen durch die Vermeidung langer Transportwege mit sich bringen und andererseits eventuell auch eine geringere Abhängigkeit von steigenden Treibstoffpreisen bedeuten.

►Schlussfolgerung